Reiseprogramm Bosnien-Herzegowina

Auf der Fahrt mit dem Nachtzug von Zürich nach Zagreb tauchen wir in den Morgenstunden, durch Slowenien und Kroatien reisend, langsam in die Landschaft auf dem Balkan ein. In Zagreb erwartet uns unser Bus, mit dem wir in den nächsten zwei Wochen rund 1250 km unterwegs sein werden und der uns am ersten Tag noch bis nahe an die bosnische Grenze in den Nationalpark von Plitvice bringt, wo wir uns erst einmal einen Nachmittag und eine Nacht in der wunderschönen Natur des Nationalparks von der Anreise ausruhen können.

Am nächsten Tag fahren wir aus der EU nach Bosnien und Herzegowina. In Bihać widmen wir uns einem ersten Schwerpunkt-thema: dem Wiederaufbau nach dem Balkankrieg, der während drei Jahren bis zum Dayton Abkommen 1995 über Bihać Verwüstung und Elend brachte. Ein viertel Jahrhundert ist seither vergangen. Was ist aus den wiederaufgebauten Dörfern geworden? Wie hat sich das Leben der Menschen hier seither weiterentwickelt? Wir besuchen zwei der Dörfer und sind bei ehemaligen ‘Begünstigten’ des Wiederaufbaus zu einem frühen Nachtessen geladen.

Wir übernachten in Bihać und fahren am folgenden Morgen auf der längsten Strecke dieser Reise bis Mostar. Durch wunderschöne Landschaften, der Una entlang erreichen wir Martin Brod, wo wir die tosenden Wasserfälle besuchen und eine Mittagspause machen. Durch hügelige Wälder und weite Ebenen fahren wir in die kroatisch dominierte Herzegowina. Wir übernachten in einem wunder-schönen historischen Haus, einst Wohnsitz einer Händlerfamilie, das heute teilweise als Museum, teilweise als Hotel bewirtschaftet wird.

Am nächsten Tag treffen wir in Mostar eine Organisation, die sich mit dem Thema der ‘ethnischen Säuberungen’ und dem Zusammen-leben von Kroaten, Bosnjaken und Serben befasst und sich der Friedensarbeit widmet. Sie werden uns auf einer Stadtwanderung zu Themen rund um Krieg und Frieden durch die Stadt führen. Weshalb kam es zu diesem Krieg? Was braucht es heute für ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen ‘ethnischen’ Minderheiten und wie sind die Gefahren heute für neue Konflikte einzuschätzen?

Natürlich nehmen wir uns auch Zeit, die in osmanischer Zeit gebaute Altstadt beidseits der weltberühmten Brücke über die Neretva zu besuchen. Wir übernachten noch einmal an diesem wunderschönen Ort.

Am nächsten Morgen fahren wir weiter durch die Herzegowina, machen Halt beim Derwischkloster Blagaj an der eindrücklichen Quelle der Buna und in Poćitelj, einem kleinen an die felsigen Hänge der Neretva gebautes Städtchen. Die noch gut erhaltene Festungsanlage zeugt von der über mehrere Jahrhunderte wichtige Bedeutung von Poćitelj während der osmanischen Zeit. Nach einer kurzen Fahrt erreichen wir den Nationalpark von Hutovo Blato, wo wir mit den Zugvögeln auf ihrer Durchreise vom Süden in den Norden eine nächste Pause machen. Mit dem Boot fahren wir durch die Sümpfe dem Sonnenuntergang entgegen und werden danach im Garten des Hotels zum Abendessen erwartet. Wir sind für diese Nacht in den einfachen kleinen Zimmern des Hotels untergebracht, und lassen uns am nächsten Morgen vom Konzert der Vögel aufwecken.

Nach dem Frühstück gibt es die Möglichkeit, das kleine Museum zu besichtigen oder noch eine kurze Wanderung durch den Park zu machen, bevor wir weiterziehen. Im nahen Städtchen Stolac besuchen wir das Museum mit Stelen der Bogomilen. Das bogomi-lische Christentum, das den Teufel als mächtigen Gegenspieler zu Gott verehrt, war im 12. Jahrhundert in Bosnien einmal Staats-religion und verschwand mit der Eroberung durch die Türken im 15. Jahrhundert. Wir machen im kleinen Städtchen eine Mittagspause und fahren danach in die an Montenegro angrenzenden Berge bis nach Tjentište, wo wir in einem etwas verschlafenen Hotel aus jugoslawischen Zeiten übernachten, ganz nahe bei einem massigen Betondenkmal, das an den Kampf der Partisanen gegen die deutschen Truppen im 2. Weltkrieg mahnt.

Am nächsten Morgen lassen wir uns in den Nationalpark von Sutjeska entführen und besuchen Perućica, einen der letzten unberührten Urwälder Europas. Nach der Wanderung mit Mittags-picknick fahren wir am Nachmittag ins nahe Gorazde weiter. Einige Frauen, die als Flüchtlinge in Österreich mit dem Nähen von Quilts begonnen haben, haben ihr Kunsthandwerk nach ihrer Rückkehr in die Heimat fortgesetzt und empfangen uns in ihrem Atelier.

Am nächsten Tag beschäftigt uns an einem konkreten Beispiel der Aspekt der Nachhaltigkeit von Entwicklungsprojekten. Wir schauen, was vom Landwirtschaftsprojekt, das Caritas Schweiz vor 20 Jahren hier initiierte, heute noch besteht. Damals hat Caritas erfolgreich die Produktion von Himbeeren angestossen und seither finden die Beeren aus Bosnien den Weg bis in die Migros Filialen in der Schweiz.  Damals eine Erfolgsgeschichte, ist der Himbeeranbau in Bosnien heute in Gefahr ist. Wie kam es zum Erfolg? Worauf wurde geachtet? Wie weit kann man auf die Nachhaltigkeit Einfluss nehmen und wo spielen andere Faktoren mit, die Erfolg oder Scheitern mitbestimmen?

Am Nachmittag fahren wir nach Srebrenica weiter, wo uns bei schönem Wetter im Zentrum ‘Kuce Susreta’ ein Nachtessen am offenen Feuer erwartet.

Der folgende Tag bringt ein weiterer Schwerpunkt unserer Reise: der Genozid von Srebrenica ist den meisten von uns in trauriger Erinnerung. Ein jährlicher ‘Todes-marsch’ und das Memorial in Potićeli, wo die Vertriebenen der Umgebung im Sommer 1995 Zuflucht bei den Blau-helmen suchten und von ihnen nicht beschützt werden konnten, erinnern an das grausame Massaker an über 8000 muslimischen Jungen und Männern durch die serbischen Belagerer. Die Musikschule im ‘Haus der guten Töne’ und der gemeinsame Abend zusammen mit bosnischen Freunden hilft uns, diesen Besuch im Memorial zu verarbeiten und über Krieg und Frieden zu diskutieren, ein Thema, das heute wieder aktueller ist, denn je. Wo steht Bosnien heute? Inzwischen grenzt es an die EU, ist wieder in die Schlagzeilen gekommen, wegen der ‘Balkanroute’.

Am nächsten Morgen nehmen wir die letzte Strecke unter die Räder und fahren von Srebrenica weiter nach Sarajevo, wo wir für die letzten Tage unser Lager aufschlagen. Wir haben hier noch einmal Zeit, die unterschiedlichen Themen zu vertiefen – an einem Treffen mit Mitarbeitenden der Caritas Schweiz erfahren wir, was sie so lange nach dem Wiederaufbau heute hier noch zu tun haben. Es besteht die Möglichkeit, auf einem Tagesausflug eine Organisation in Zenica kennenzulernen, die von Gewalt betroffene Frauen unterstützt. Von ihr erfahren wir, wie sich ihre Arbeit im Krieg sich bis heute gewandelt hat und weiter geht. Mit dem Besuch des Tunnelmuseums kehren wir noch einmal in die Vergangenheit des Krieges zurück und vergegenwärtigen uns die Wichtigkeit des Dayton Abkommens, das dem Grauen ein Ende setzte, das aber gleichzeitig dem Friedensprozess Steine in den Weg legte, und dadurch einen wirklichen Frieden bis heute verhinderte. Beim gemeinsamen Kochen und Essen am letzten Abend können wir einige der bosnischen Köstlichkeiten selbst zubereiten, die wir auf der Reise kennenlernten.

Weitere Treffen mit Expert*innen, Besuch in einer Jazz Bar etc. sind möglich. Es bleibt aber auch Zeit für diese schöne Stadt, einen bosnischen Kaffee oder Einkäufe in der Bašćarsia, den gebührenden Abschied von diesem Land und den Menschen, denen wir in den letzten zwei Wochen nähergekommen sind.